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„Von 100 auf Null“
 
Locked-in-Syndrom: Wie Jürgen Manthey und seine Frau die Folgen eines Schlaganfalles meistern
 
 
 
Von Edgar Rabe
 
Raesfeld. „Ich bekam plötzlich Kopfschmerzen, die immer stärker wurden“, erinnert sich Jürgen Manthey an den Tag im Oktober 2004 noch sehr genau. Er war gerade auf einem Land-Rover-Treffen im niedersächsischen Bramsche und ging seiner Leidenschaft für die englischen Geländewagen nach, als ihn eine Krankheit traf, die sein Leben und das seiner Frau veränderte.
„Von 100 auf Null“, so beschreibt der Autonarr, was ihm damals widerfuhr. Ein Arterien-Verschluss im Stammhirn hatte dazu geführt, dass der damalige Steuerfachangestellte in Ausbildung zum Steuerberater plötzlich halbseitig gelähmt war. Die Thrombose wurde gelöst, doch die Stelle hat sich erneut zugesetzt. Jürgen Manthey war komplett gelähmt – und das bei vollem Bewusstsein. Nur seine Augen konnte der Raesfelder zu diesem Zeitpunkt noch bewegen – die Kontrolle und Steuerung aller anderen Körperteile und der Extremitäten war ihm von jetzt auf gleich abhanden gekommen. Erst später erfuhr der heute 41-Jährige, an was er leidet: am „Locked-
in-Syndrom“, einer vergleichsweise seltenen Erkrankung. Weltweit seien etwa „nur“ 4000 Menschen davon betroffen. Nach mehreren Rückschlägen und einem künstlichen Tiefschlaf stabilisierte sich Jürgen Mantheys Verfassung.
Die erste Kommunikation zwischen Jürgen Manthey, seiner Frau und dem Klinikpersonal lief über Buchstabentafeln. „Einmal Augenschließen hieß Ja, zweimal Augenschließen hieß Nein“, erinnert sich Martina Manthey (44) an die erste Zeit nach dem Schlaganfall. Mühsam, aber mit viel Lebenswillen tastete sich ihr Mann in kleinen Schritten mehr und mehr ins „halbwegs normale“ Leben zurück.
Das Leben der Mantheys hatte eine neue Wendung erfahren. Damals waren die beiden noch nicht verheiratet. Jürgen hatte seiner Martina kurz vor dem Schicksalsschlag einen Heiratsantrag gemacht – doch die Trauung musste warten. In Bad Wildungen gaben sich beide schließlich das Ja-Wort. Dort, wo Jürgen Manthey in einer einjährigen Reha-Maßnahme vieles neu erlernen konnte. Durch die Therapien, die er nach wie vor benötigt, um so viel Eigenständigkeit wie möglich zu erlangen und zu behalten, schaffte es Jürgen Manthey, wieder ein gutes Stück am Leben teilzunehmen, Aufgaben zu bewältigen, nicht mehr in allen Bereichen auf Hilfe und Pflege anderer angewiesen zu sein.
Heute – gut fünf Jahre nach dem Schlaganfall – meistert das Paar die Aufgaben und Schwierigkeiten, die die Behinderung von Jürgen Manthey mit sich bringen, mit viel Kraft, einer notwendigen Portion Routine und der Liebe zueinander, die nötig ist, eine Beziehung zu
leben.


Ganz allein stehen die beiden aber nicht. Die Familien der beiden unterstützen sie stark, Martina Mantheys Arbeitgeber (damals Foseco) stellte sie für längere Zeit frei, damit sie sich um ihren Mann kümmern konnte, und auch einige Freunde stehen zu den beiden. „Es gab auch Freunde, die sich abgewandt haben“, betont Jürgen Manthey, der mittlerweile wieder sprechen kann – wenn auch manchmal nur im Flüsterton. Eine spezielle Einrichtung an seinem Spezialrollstuhl des Typs Storm 3 True Track verstärkt seine Stimme. Von Mantheys wird das Mobil liebevoll „Das Fliwatüüt“ genannt. Mit dem Gefährt (Spitzengeschwindigkeit zwölf Stundenkilometer) ist er mobil, kann ins Dorf zum Einkaufen oder um Freunde zu treffen. In Raesfeld ist Jürgen Manthey kein Unbekannter, mit dem High-Tech-Rollstuhl, den er mit Kinnbewegungen steuern kann, fällt der 1,96 große Mann schon auf. Längst entspricht der Rollstuhl nicht mehr der Werksversion. Jürgen Manthey ist ein Technik-Freak und hat sich manch zusätzliche nützliche Einrichtungen einfallen lassen. Ein Roboter-Greifarm haben die Mantheys ebenfalls zusätzlich angeschafft. „Wir nennen ihn Bob wegen Bob der Baumeister, weil der alles kann“, erklärt Martina Manthey. Für das Spezialgerät aus den Niederlanden mussten sie tief in die Tasche greifen, denn das wurde nicht bezahlt von der Krankenkasse, die ansonsten vieles von dem finanziert hat, was Mantheys Leben erleichtert und lebenswerter macht. Allerdings ohne Kampf laufe das alles nicht ab, betont die Ehefrau. Die Telefonate mit dem Versicherer und anderen Instanzen kann sie längst nicht mehr zählen...
Auf Mantheys Internetseite (
www.locked-in.info) erfährt man viel über die Krankheit, die Hilfsmittel, sieht Bilder aus dem Alltag, vom ersten Urlaub mit dem „Fliwatüüt“, lernt Mantheys Freunde kennen... Vor allem nutzt er die virtuelle Plattform nicht zum Jammern über sein persönliches Schicksal. Ganz im Gegenteil: „ Ich möchte anderen Schwerstbehinderten und Angehörigen Anregungen geben und Mut machen. Es gibt auch ein Leben mit der Schwerstbehinderung.“
Und auch der Seitennutzer kann unkompliziert helfen. Denn Jürgen Manthey wünscht sich Besuchern der Seite von seiner Seite aus beim Internet-Kaufhaus Amazon einzukaufen. Herr Manthey führt nach einem dargestellten Prozentschlüssel Geld von Amazon an soziale Projekt ab. Jürgen Manthey hat den Deutschen Hospiz- und Palliativ Verband gewählt als Nutznießer. Mantheys garantieren die hundertprozentige Verwendung für diesen Zweck und bietet auf Wunsch einen Nachweise an. Bericht im
Internet.
 
www.locked-in.info,
www.bsk-ev.org
www.hospiz.net
 
Mit freundlichen Grüßen
Borkener Zeitung


Edgar Rabe
- Redaktion Raesfeld -
 
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